Allwissende KI für die Suchmaschine?
Künstliche Intelligenz ist das Trend-Thema des digitalen Zeitalters. Euphorische Tech-Propheten überschlagen sich mit den kühnsten Vorhersagen, welche Möglichkeiten sich damit noch eröffnen werden. Auch SEO-Experten sehen in KI den Weg zu mehr Effizienz. Vor allem das Dialogsystem ChatGPT, das aktuell in aller Munde ist, dürfte hier interessant sein. Aber was steckt dahinter? Und können Chatbots tatsächlich Texter, Journalisten, Programmierer und weitere Berufe ersetzen?
Hilfreiche Online-Berater: Chatbots
Chatbots als KI-Funktion sind jetzt an sich wahrlich keine bahnbrechende Neuerung. Seit Längerem kommen sie in verschiedenen Bereichen zum Einsatz – so auch im E-Commerce. Dort übernehmen sie in erster Linie die Aufgabe als hilfreicher Berater. Sie nehmen Kunden an die Hand und helfen ihnen dabei, passende Produkte zu finden. Was macht jetzt aber das kostenlos nutzbare ChatGPT des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI anders, dass so ein Aufsehen darum gemacht wird?
Was ChatGPT alles kann
ChatGPT geht weit darüber hinaus, einfach nur kleine Beratungen durchzuführen und Produktempfehlungen zu geben. Das Dialogsystem ist in der Lage, Fragen zu beantworten und Texte auf Basis von Vorgaben zu erstellen. Und tatsächlich erscheinen die möglichen Anwendungen erst einmal sehr vielfältig. Dafür ist der Bot heute schon einsetzbar:
- Kündigungsschreiben
- Songtexte und Gedichte
- Drehbücher
- Webseiten-Codes
- Sachtexte
- Schulungsunterlagen
- Rechtschreibprüfungen
- Übersetzungen
- Umformulieren von Texten
- Markt-Recherchen
- Sortieren von Keywords
- Fragengenerierung zu einem Thema
Wissenschaftler haben den ChatGPT Bot zudem in drei theoretischen Teilen des United States Medical Licensing Exam (USMLE) getestet. Beim USMLE handelt es sich um Prüfungen, die Medizinstudenten in den USA ablegen müssen, wenn sie als Arzt zugelassen werden wollen. Hierfür wurden bestimmte Bedingungen gesetzt. So wurden alle auf Bildern basierten Fragen (die KI kann nämlich nur Texte entgegennehmen) und uneindeutige Antworten entfernt. Danach wurde die Punktzahl ausgewertet. Sowohl in dieser Variante als auch unter Einberechnung uneindeutiger Antworten konnte ChatGPT die Mindestpunktzahle erzielen. Experten sehen darin bereits die Möglichkeit, die medizinische Ausbildung zu verbessern.
Bei all diesen Möglichkeiten steht sogar die Frage im Raum, ob ChatGPT Google Konkurrenz machen kann. Immerhin investiert Microsoft bereits in das Dialogsystem und möchte es mit seiner Suchmaschine Bing verbinden. Allerdings muss man zum aktuellen Stand sagen: Es ist verkehrt, die neue Revolution unreflektiert zu feiern.
Chatbot ohne Makel? Das unrühmliche Debüt von Google Bard
Trotz der Hülle an Vorteilen, die fast schon zu schön klingen, um wahr zu sein, ist die KI noch nicht soweit, wie Laien sich das vorstellen. Dass man künstliche Intelligenz nicht als einen unfehlbaren Weisen betrachten sollte, bewies Google mit seiner angehenden ChatGPT-Alternative Bard. Zum ersten Mal vorgestellt, verbreitete der Chatbot bereits eine Fehlinformation. Auf die Frage, welche Entdeckungen durch das James-Webb-Teleskop gemacht wurden, antwortete das Programm mit drei Punkten. Dummerweise war einer davon falsch. Denn das Teleskop nahm eben nicht zum ersten Mal einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems auf, wie behauptet – nicht gerade der beste Einstand. Aber eigentlich ist es auch logisch, dass solche Fehler entstehen. Künstliche Intelligenz hat (außerhalb der Science-Fiction-Literatur) keinen Zugriff auf die Realität unserer Welt. Sie kann zwar zugeführte Daten lesen, durch maschinelles Lernen Muster erkennen und Lösungen erarbeiten, dies erschöpft sich aber nun einmal mit der Begrenzung der Daten. ChatGPT, Bard und andere Sprach-KIs sind zudem darauf programmiert, statistische Zusammenhänge zwischen Wörtern zu erlernen (vor allem auf Basis von Texten aus dem Internet). Daraus resultieren oft plausible Texte, aber manchmal kommen Fake News dabei herum. Auch ChatGPT selbst gibt in seinem momentanen Zustand nicht immer korrekte Ergebnisse aus.
Können also mehr Daten helfen? Sicher: Sie können die Textqualität verbessern. Fehler vollständig auszuschließen, erscheint aber unmöglich. Das Wesen der Statistik besteht darin, grobe Zusammenhänge zu beschreiben. Der Einzelfall bleibt jedoch bleibt oft außen vor. Stand der Dinge – und wohl auch künftig – werden von einer KI erstellte SEO-Texte und redaktionelle Beiträge immer zu einem gewissen Grad fehleranfällig sein. Und je komplexer ein Sachverhalt ist, desto höher fällt das Risiko aus. Dazu kommt, dass Daten von aktuellen Ereignissen nicht immer gleich eingespeichert werden können und Bots ihre Antworten mit generalisierenden Formulierungen ausstatten. Die Wissensbasis von ChatGPT endet außerdem in dieser Frühphase im Jahr 2021.
Schreiben mit Gefühl
Dann gibt es noch eine menschliche Fähigkeit, die von einer künstlichen Intelligenz kaum substituiert werden kann: Empathie. Die emotionale Komponente, das Einfühlungsvermögen, ist es, das guten Texten Seele verleihen. Und hier kommt es auf viele Nuancen an, gerade, wenn man es mit vielen kleinen Mikrozielgruppen zu tun hat. Es ist unwahrscheinlich, dass eine Roboterintelligenz diese Emotionalität kopieren kann. Wobei wir hier uns dann hier bereits im Bereich moralischer Fragen befinden, die sich Autoren wie Philip K. Dick gestellt haben. Bevor wir aber in Sci-Fi-Sphären abheben, sollten wir uns immer klarmachen, dass jede Recherche und jede Textarbeit auch ein emotionaler Erfahrungsprozess für den Menschen sein kann – eine Fähigkeit, die ChatGPT und anderen Bots verwehrt bleibt.
Bezogen auf den Bereich der Suchmaschinenoptimierung lässt sich grundsätzlich nicht vollständig gewährleisten, dass KI-erstellte Texte die Erwartungen der Nutzer automatisch erfüllen. Wer entsprechenden Content ungefiltert und ungeprüft auf seinen Webseiten veröffentlicht und User damit nichts anfangen können, der läuft immer noch Gefahr, von den Suchmaschinen abgestraft zu werden.
Die Zukunft von KI-basierten Texten – ein Fazit zu ChatGPT und Co.
Um also die Frage nochmal aufzugreifen: Braucht es irgendwann keine Berufe mehr, die sich mit Texten und Codes befassen? Die Antwort lautet: Nein! Und zwar aus den genannten Gründen. Ein Mensch lässt sich bei der Kommunikation nie vollständig ersetzen. Das heißt jetzt aber nicht, dass man Chatbots wie ChatGPT oder künstliche Intelligenzen ganz verteufeln sollte. Denn Vorteile lassen sich aus ihr durchaus ziehen. Die Bots eignen sich definitiv dafür, mehr Standardisierung für Aufgaben zuzulassen, die sonst Raum für arbeitsintensivere Tätigkeiten wegnehmen. Ein SEO-spezifischer Nutzen wäre die Automatisierung der Keywordrecherche. Hier besteht viel Potenzial zur Zeitersparnis. Somit sollte man die Technik eher als Stütze und Entlastung für Arbeitnehmer betrachten. Natürlich ist dies nur eine Prognose. Wie weit die Handlungsspielräume mit ChatGPT tatsächlich gehen, wird die Zukunft zeigen.
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